Fudakowski-Ausstellung: Die Städtische Galerie als Immobilie sehen
Eine besondere Mischung aus Kunstdarstellung, musealer Präsentation und Ausstellungspräsentation, wird seit Ende November bis zum 18. Januar in der Städtischen Galerie gezeigt. Mit einem Augenzwinkern werden das historische Gebäude und die modernen Exponate der Bildhauerin und Skulpturen-Künstlerin Kasia Fudakowski verbunden.
Viele Umzugskartons und einige, zumindest bekannt erscheinende Objekte stehen derzeit in den Räumen von Haus Coburg und der dazugehörigen Remise. Außerdem wandeln sich der Blick und die Ausdrucksweise der Leiterin Dr. Annett Reckert, wenn sie durch die Ausstellung geht. Beides schwenkt in den Duktus einer Immobilienmaklerin, weg von der Kunst-Kuratorin, und klingt dann etwa so: „Stellen Sie sich vor, an ihrem freien Tag vor diesem Panorama in diesem Design-Sessel ein gutes Buch zu genießen“, erläutert sie an einem Fenster im Dachgeschoss. Der Grund für das so entstehende Gesamtbild der Galerie ist die „Dream Home Experience“ der britisch-polnischen Künstlerin Kasia Fudakowski.
Mit der Ausstellung verbindet die 29-jährige ihre Skulpturen und die Architektur vom Haus Coburg zu einer spannenden und humorvollen Ausstellung, in der mit der Ästhetik und Ikonographie der Immobilienbranche kokettiert wird. Unterstützt wird die Wirkung durch Soundarbeiten und eine Video-Projektion, auch der Katalog und der Audio-Guide sind hilfreich, wenn es darum geht, traumhafte Perspektiven zu entdecken. Mit der thematischen Entwicklung und der Umsetzung in der Einrichtung verwandelt die Künstlerin das Haus Coburg in ein Angebot auf dem Immobilienmarkt. Inspiriert von den Träumen, die die Immobilienbranche zu erzeugen versucht, interpretiert Fudakowski das Haus Coburg in Bezug auf die ursprüngliche Nutzung des Hauses als Wohnraum. „Der Ansatz ist es, das Haus Coburg als ein Traumhaus oder die Variante eines Traumhauses zu inszenieren“, so die Künstlerin.
Abwechslung im Konzept
Auf die Arbeiten von Fudakowski ist Annett Reckert erstmals in der Galerie DeWeer in Belgien aufmerksam geworden, die mit der Chert Galerie in Berlin, der Stiftung Karin und Uwe Hollweg sowie dem Freundeskreis Haus Coburg und der Oldenburgischen Landschaft zu den Förderern der Ausstellung zählen. Besonders die abwechslungsreichen und mit einem feinen Humor versehenen Arbeiten sorgten für Begeisterung bei Reckert. Und so wird mit „Dream Home Experience“ das Ausstellungskonzept der Städtischen Galerie fortgesetzt, in dem sich etablierte und junge Künstler abwechseln. In diesem Sinne erfolgte auch die Einbindung der Architektur von Haus Coburg in das Thema der Ausstellung. Entstanden ist ein Gesamtgefüge aus Museum, Ausstellung und Gebäude. „In dieser Umsetzung, hat es Kasia Fudakowski geschafft, viele Ebenen einfließen zu lassen, die nicht auf den ersten Blick erkennbar sind. Wenn man sie entdeckt, entfalten sie eine feine und gelegentlich schwarze Form von Humor“, zeigt sich die Leiterin der Städtischen Galerie begeistert.
Kunst im Raum-Kontext
Neben den eindrucksvollen, hellen und großen Räumen des Hauses sind vor allem die markigen Sinnsprüche, der früheren Bürgervilla, mit in ihr Konzept eingeflossen. „Einen Bezug zum Ausstellungsort zu haben macht es gerade mit einer so starken Präsenz wie hier im Haus Coburg besonders spannend. Ganz anders als in einem White Cube, wo das Objekt vollkommen im Mittelpunkt stünde.“ Einen Teil der Inspiration zog sie aus ihren Erfahrungen und Erinnerungen an ihre eigene Wohnungssuche in Berlin, wo sie seit mittlerweile acht Jahren lebt. „Die Immobilien-Branche will Träume verkaufen, dabei wird vieles beschönigt. Ein abgenutztes Treppengeländer wird mit einem ´tollen lebendigen Charakter´ umschrieben, solche Formulierungen zu finden ist ja auch schon fast eine Form von Kunst.“ Auch Show-Home-Atmosphäre und Einrichtungsbeispiele sind beliebte Mittel, die Interessenten von Wohnungen zu überzeugen. An diesem Punkt klinkt Fudakowski ihre Kunstwerke ein, als Abbild von Funktionsbeispielen, jedoch ohne Nutzwert bietet sie Perspektiven, wie die Villa von Bewohnern heute genutzt werden könnte. Dazu kommt noch die Erschaffung einer fiktiven Immobilien-Firma, deren Logo, Website und Motto immer präsent sind.
Der Katalog hilft beim Entdecken
Doch längst nicht alle Exponate ihres Schaffens sind direkt sichtbar, einige Überbleibsel oder noch nicht abgeholte Kartons und Kisten der „Vorbewohner“ finden sich in den Räumen des Hauses. Ein Makler würde diese bei einer Besichtigung vermutlich geschickt aus dem Kontext der eigentlich leeren Wohnung reden. Doch in der Ausstellung sollte man den einen oder anderen Blick auf die verstauten und verpackten Objekte werfen. Denn es sind wirklich alle Werke der Skulpturen-Künstlerin in der Delmenhorster Galerie zu finden, auch wenn es nicht ganz danach aussieht. Sie sind da und in den Themenrahmen integriert, jedoch bewusst als Anti-Retrospektive und mit einem Augenzwinkern verstaut. Achten Sie ruhig auf den Hinweis: „Bitte Ignorieren“. Bei der Entdeckungsreise zur Kunst von Kasia Fudakowski, im (Traum-)Haus Coburg kann der Ausstellungskatalog sehr hilfreich sein, das ein oder andere ihrer Werke zu erkennen.