Mieten und Wohnen in Delmenhorst
„EIN ÜBERSCHWAPPEN FINDET NICHT STATT“
Delmenhorst hat viele Probleme. Das Mietpreisniveau an sich gehört jedoch grundsätzlich eher nicht dazu. Allerdings sind die Mieten vor allem deswegen so niedrig, weil eben kaum Nachfrage nach Wohnraum in und um die Delmestadt herum besteht. Und so lange dies der Fall ist, generieren Wohnungsbaugesellschaften auch weniger finanzielle Mittel, mit denen der Standort attraktiver gemacht werden könnte. Ein Teufelskreis?
Der Trend ist grundsätzlich ja nicht neu: Wohnraum in deutschen Städten wird immer knapper. Entsprechend steigen sowohl Grundstückspreise als auch die Mieten für solche, die sich kein eigenes Grundstück leisten können oder wollen. Betrachtet man den bundesdeutschen Durchschnitt, stehen die regionalen Oberzentren wie Bremen oder Oldenburg dabei eigentlich noch relativ gut da. So finden sich laut der jüngsten Erhebung des Münchner Instituts infas geodaten beispielsweise in Hamburg im Durchschnitt kaum noch Quadratmetermieten unter zehn Euro, der Spitzenwert liegt sogar bei 16,36 Euro. Bremen und Oldenburg sind da mit Durchschnittsmieten von etwa sieben bis acht Euro pro Quadratmeter noch als relativ günstig einzustufen. Delmenhorst wiederum liegt sogar mit durchschnittlich etwa fünf bis sechs Euro pro Quadratmeter noch einmal deutlich unter diesem Wert. Und dabei haben sich laut des aktuellen Grundstücksmaklerberichts die Mieten in Delmenhorst sogar leicht erhöht.
Leerstand der GSG liegt bei zehn Prozent
Eigentlich müssten also die Wohnungssuchenden den Delmenhorster Wohnungsanbietern förmlich „die Bude einrennen“ mit Anfragen. Oder doch nicht? „Der Wohnungsstandort Delmenhorst weist ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis auf“, schildert Stadtsprecher Timo Frers noch einmal die Vorteile der Stadt. „Hier gibt es vergleichsweise moderate Preise für Immobilien in einer Stadt mit guter Infrastruktur, kurzen Wegen innerhalb des Stadtgebiets und einer günstigen verkehrlichen Anbindung an die Oberzentren Bremen und Oldenburg.“ Eine grundsätzlich positive Sicht der Dinge, die jedoch nicht von allen geteilt wird. „Wir haben noch immer rund zehn Prozent Leerstand in unseren Wohnungen, während mein Oldenburger Kollege mir einmal erzählt hat, dass er etwa 5.000 Bewerber hat abweisen müssen“, berichtet Stefan Ludwig, Geschäftsführer der Gemeinnützigen Siedlungsgesellschaft (GSG) Delmenhorst. Dabei habe man es in den vergangenen vier Jahren bereits geschafft, die Leerstände in den GSG-Wohnungen um etwa vier Prozent zu drücken. Dies bestätigt auch der Stadtsprecher: „Durch die Zuwanderung in den vergangenen Jahren wurden nach Einschätzung des Fachdienstes Stadtentwicklung und Statistik Wohnungen mit einfacher Ausstattung in weniger beliebten Quartieren wie Wollepark, Düsternort oder Hasport wieder verstärkt nachgefragt“, erläutert Frers. Dass ein großes „Überschwappen“, wie Ludwig es bezeichnet, der Wohnungssuchenden zum Beispiel eben aus Oldenburg nach Delmenhorst trotzdem ausbleibt, liegt laut Ludwig zumindest auf die GSG bezogen an der zu einem großen Teil relativ schlechten Ausstattung der Wohnungen. Die vier Prozent geringerer Leerstand seien dementsprechend auf Modernisierungen in den Wohnungen zurückzuführen. Diese seien allerdings nur möglich gewesen, weil die GSG einen Teil ihrer Gebäude an einen privaten Investor verkauft hat, um finanzielle Mittel zu generieren.
Wird Delmenhorst unterschätzt?
Modernisierungen und Reparaturen sowohl außen als auch innen, die dringend notwendig sind. Da reicht ja schon ein Blick auf Wohnungen wie zum Beispiel im Wollepark. Allerdings hat der Wohnungsstandort Delmenhorst noch andere Probleme. So wäre beispielsweise eine weitere Stellschraube für die GSG-Verantwortlichen eine Erweiterung der Klientel, die an günstigen Wohnungen interessiert ist – namentlich Studenten. Denn eigentlich ist der Standort für diese Klientel ideal. Gute Erreichbarkeit beider Universitätsstädte. Relativ geringe Mieten, die dem größtenteils eher schmalen Finanzrahmen des Durchschnittsstudenten entgegenkommen müssten. Funktioniert hat es laut Ludwig aber trotzdem nicht. „Als Grund wurde uns oft genannt, dass viele Studenten gerne in der direkten Nähe ihres Studienorts wohnen möchten“, berichtet er. Was er dann auch irgendwie verstehen kann: „Wer studiert, möchte zum Beispiel abends auch einmal mit den Kommilitonen in eine Kneipe gehen können, ohne schon um 22 Uhr mit dem Zug nach Hause fahren zu müssen.“ Recht praktische Gründe, die eher gegen Delmenhorst sprechen und die sich auch noch ausweiten lassen. Denn ähnlich dürften ja auch Menschen argumentieren, die in einem der beiden Oberzentren arbeiten. Es gilt also, den Wohnungsstandort „an der Delme“ noch besser als bisher aktiv zu vermarkten. „Generell wird der Wohnungsstandort Delmenhorst in der regionalen Wahrnehmung unterschätzt“, findet auch Timo Frers. Dementsprechend müssten die vorhandenen Vorzüge der Stadt im Standort- und Wohnmarketing „noch stärker als bisher“ hervorgehoben werden. „Im Wirtschaftsförderungskonzept von Februar 2013 ist darauf genauer eingegangen worden, entsprechende Finanzmittel wurden bereits für den Haushalt 2014 angemeldet.“ Eine wichtige Aufgabe also auch für das Stadtmarketing. Denn allein die GSG könnte ja weiterhin in der Situation sein, für rund 5.000 potenzielle Einwohner eine angemessene Bleibe zu finden. Warum also nicht doch in Delmenhorst?