„Heilloses Durcheinander!“
QUERELEN BEI DER ENERGIEGENOSSENSCHAFT
Ein halbes Jahr konnte Mitglied Fritz Möhlenbrock keinen Kontakt zur Energiegenossenschaft Nordwest herstellen. Post bekam er hingegen vom Energielieferanten FirstCon: Mahnungen und Inkasso-Drohungen.
Von einem „heillosen Durcheinander“ spricht Fritz Möhlenbrock heute. Dabei wollte der pensionierte Inhaber einer Sanitär- und Heizungsbaufirma aus Delmenhorst für sich nur „günstige Energie im Rahmen einer Genossenschaft“ beziehen. Er wurde, wie zwischenzeitlich über 3.100 andere, Mitglied der Energiegenossenschaft Nordwest (EGNW), die im Jahr 2006 zunächst als Energiegenossenschaft Delmenhorst gegründet worden ist. Das Genossenschaftsmodell erfreut sich gerade im Energiebereich steigender Beliebtheit, verspricht es den Mitgliedern doch Unabhängigkeit von den großen Lieferanten und damit Strom und Gas zu günstigeren Preisen.
Mahnungen von FirstCon
Im April beauftragte Möhlenbrock die EGNW, auch seinen Neubau in Ganderkesee-Heide mit Strom zu beliefern, wie sie es bereits für sein anderes Haus in Delmenhorst tat. Darauf gab es keine Reaktion, telefonisch war niemand zu erreichen – ein halbes Jahr lang. Und auch auf die Kündigung seiner Mitgliedschaft in der Genossenschaft vom 22. Oktober reagierte man bis dato nicht. Stattdessen trat die Firma FirstCon an ihn heran: mit Mahnungen und Inkasso-Drohungen. Nachdem sie seine Kündigung akzeptiert hatte, stellte die FirstCon ihm „Aufhebungskosten“ von 541,85 Euro in Rechnung – ein Posten, den sie auf Möhlenbrocks Protest hin allerdings fallenließ. Dabei hinterfragt Möhlenbrock auch das zum Ausdruck kommende Verständnis von Datenschutz, wenn Kunden- und Kontodaten von der EGNW nun bei FirstCon liegen. Besagte Firma, die mit dem Slogan „ökologisch, nachhaltig, fair“ für sich wirbt, war zwischenzeitlich der Stromlieferant der Genossenschaft. Pikant: Die Verbindung zwischen beiden Seiten hatte Joachim Kreye hergestellt. Er war zugleich EGNW-Aufsichtsratsvorsitzender und hundertprozentiger Gesellschafter der FirstCon, deren Geschäfte von seinem Sohn Jannik geführt werden.
„Unfreiwillige Übernahme“
Die neuen Vorstände und der Aufsichtsrat der EGNW sprechen in einem gemeinsamen Schreiben an die Mitglieder von einer „unfreiwilligen Übernahme der EGNW-Kunden durch die FirstCon GmbH.“ Anfang Dezember wurde der „Kooperationsvertrag“ zwischen beiden Seiten vom Landgericht Hannover für nichtig erklärt. Auch wenn die EGNW nach wie vor Strom liefert, ist Fritz Möhlenbrock wieder Kunde beim Großanbieter EWE. Für ihn haben die Querelen zu Schriftwechseln mit fünf verschiedenen Instanzen geführt: der EWE, der FirstCon, der EGNW sowie ihrem ehemaligem Stromlieferanten EnerGen Süd und deren Insolvenzverwalter – ein „heilloses Durcheinander“ eben.