Abseits der Alltagswege
STADTRUNDFAHRT MIT „OPEN STAGE BUS“ WAR EIN VOLLER ERFOLG
Am 13. Juli rollten die Teilnehmer der ersten geführten Bus-Tour in Delmenhorst mit dem „Open Stage Bus“ durch die Stadt. Im Laufe der Rundfahrt wurden die Burginsel, das Nordwolle-Gelände und das neue Deichhorst angefahren.
Schon Minuten vor Beginn der Stadtrundfahrt drängelten sich die Leute am Buseingang an der Haltestelle Markt, die Tour war restlos ausgebucht. Mit Bärbel Isler verpflichtete das Stadtmarketing eine kompetente Stadtführerin für die Rundfahrt. „Ich möchte Sie abseits der Alltagswege führen und hoffe, dass ich Ihnen so viel berichten kann, dass Sie danach von unserer Stadt sprechen“, begrüßte sie die Gäste.
Burg in Hand der Dänen
Der erste Teil der Führung wurde noch zu Fuß beschritten: Es ging zur Burginsel, wo Isler einige unterhaltsame Anekdoten über Graf Gerd und seine zahlreichen Verwandten zum Besten gab. Insbesondere die Geschichte der Burg war sehr wechselhaft, regelmäßig gab es neue Besitzer. Irgendwann fiel sie sogar den Dänen zu, da der damalige dänische König ein Bruder vom allseits bekannten Graf Gerd war. Deswegen sieht man laut Isler in Dänemark auch häufig das Delmenhorster Wappen. Doch auch die Dänen verloren schnell das Interesse an der Burg, „in Delmenhorst gab es viel zu verwalten, aber nicht viel zu holen“ erklärte die Stadtführerin. Dafür waren die Steine wertvoll: Als die Burg abgerissen wurde, verkaufte man diese einzeln. Ein paar Steine wurden sogar in der Stadtkirche verbaut.
Motor der Industrialisierung
Auf dem Weg zurück zum Bus wurde am Wasserturm kurz angehalten, um sich etwas von der städtischen Historie berieseln zu lassen: Zum Beispiel wurden Delmenhorst, um die Gemeinde aus dem Spannungsfeld zwischen Bremen und Oldenburg zu holen, im Jahre 1371 Stadtrechte verliehen. Ein weiterer Fakt: Mitte des 19. Jahrhunderts wurde die Eisenbahnstrecke zwischen Bremen und Oldenburg gebaut. „Die Eisenbahn war im wahrsten Sinne des Wortes der Motor für die Industrialisierung“, erzählte Isler. Durch diese kamen auch viele Arbeiter und damit viele soziale Probleme in die Stadt. Die Rettung war Bürgermeister Erich Koch, der damals die Kreisfreiheit beantragte und deshalb alle Probleme ohne große Umwege selbst in Angriff nehmen konnte.
Endlich in den Bus
Dann begann der Teil der Tour, den die Teilnehmer im Sitzen genießen durften. Jeder fand einen Platz und schon rollte die erheiterte Gruppe los. Trotz einiger Anlaufschwierigkeiten, die etwa die Lautstärke der Lautsprecher betrafen, meisterte Bärbel Isler ihre erste fahrende Tour mit Bravour. Sogar eine kleine Stärkung für unterwegs in Form von Süßigkeiten gab es für die Gäste. Der Bus machte einen Bogen um den Hans-Böckler-Platz, von dort aus ging es schnurstracks zum Nordwolle-Gelände.
Wertvolles Waschwasser
Der Ort war prädestiniert zur Woll-Verarbeitung, denn die Delme fließt direkt um das Nordwolle-Gelände herum. Besonders wertvoll ist auch das Waschwasser gewesen, denn aus diesem konnten drei teure Stoffe extrahiert werden: Wollfett wurde an die Kosmetikbranche verkauft, Kalium diente als Dünger und Pottasche wurde für das Backen von Lebkuchen verwendet. Die nächste Station: das Lahusen-Haus auf der Nordwolle: „Es steht hier, um das Familienleben zu präsentieren und Arbeitern ein gutes Vorbild zu liefern, was Gemeinschaft betrifft. Das hat funktioniert, die Wolleaner treffen sich auch heute noch“, erklärte die Stadtführerin. Vom Fabrikgelände aus ging die gemütliche Fahrt weiter Richtung Neues Deichhorst. Auf dem Weg passierte der Bus den Bahnhof, zu dem Isler natürlich auch ein paar Infos in petto hatte: Früher war im Bahnhof nämlich auch die Post angesiedelt. Da ist es auch vorgekommen, dass ein Schaffner einen Brief entgegennahm und ein Postbeamter Fahrkarten verkaufte.
Neues Deichhorst
Der letzte Stopp sollte im Neuen Deichhorst gemacht werden. Allerdings war die Zeit unbemerkt so weit vorangeschritten, dass Isler vorschlug, hier nicht mehr auszusteigen, sondern nur anzuhalten. „Sie merken ganz deutlich, es ist eine Premiere. Ich konnte mir ja vorher schlecht den Bus ausleihen und die Strecke abfahren“, sagte sie entschuldigend und lachte. Niemand war böse wegen der Verlängerung, schließlich hatte die ganze Gruppe sichtlich Spaß. Angekommen im Neuen Deichhorst, gab Isler einige Infos zur Geschichte des Stadtteils: 1933 entstand hier ein Kasernengelände mit Militärflugplatz. Nach dem Zweiten Weltkrieg zog die britische Armee dort ein. Als diese wieder abzogen wurde, machte man aus der Kaserne ein Wohngebiet für jugoslawische Flüchtlinge. Mittlerweile sieht das Viertel aber ganz anders aus: Es gibt viele Seniorenwohnungen, ein Ärzte-Viertel und laut Isler sind schon 300 Immobilien bezogen worden, obwohl man erst 2001 mit dem Bau begonnen hat, das ist eine beachtliche Zahl. „Das absolute Highlight ist die Divarena“, erzählt sie. Und das Einzige, was hier noch fehl, ist ein Blumenladen.
Licht, Luft und Sonne
Weiter ging es dann zum Klinikum Delmenhorst. An der Haltestelle verwechselten einige Leute den „Open Stage Bus“ mit dem Linienbus und waren sichtlich irritiert, dass sie nicht einfach zusteigen durften. Doch Isler machte unbeirrt weiter und erzählte etwas über das Klinikum: „Die großen Fenster waren da, um die Kranken mit Licht, Luft und Sonne der Heilung näherzubringen.“ Kurz darauf kam der Bus nach zwei Stunden auch schon wieder am Startpunkt an. Die Gäste waren begeistert, „das war interessant, kann man nur weiterempfehlen“, lobte zum Beispiel Teilnehmerin Renate Carr. Auch Bärbel Isler war sehr zufrieden: „Wenn die Leute so viel Spaß hatten wie ich, wiederholen wir das auf jeden Fall!“