Sichtbares und Unsichtbares
KUNST ZUM NACHDENKEN IN DER GALERIE
Zurzeit gibt es in der städtischen Galerie die Ausstellung von Noriko Yamamoto zu sehen, die unter dem Titel „Anweisung an die Welt“ Installationen, Skulpturen und Zeichnungen zeigt.
In den Werken der Japanerin Noriko Yamamoto fließen asiatische und westliche Stilrichtungen ineinander. Große Inspiration bezog sie aus dem japanischen Literatur-Klassiker „Der Schachtelmann“ von Kobo Abe. In dem Roman geht es um einen Mann, der sich eines Tages eine Schachtel mit Sehschlitz aufsetzt und fortan ohne sichtbare Identität in der urbanen Welt lebt und agiert.
Die Kunst im Verborgenen
Das „Verbergen“ und „Nicht zeigen“ zieht sich wie ein roter Faden durch Yamamotos Werke. Die Künstlerin ließ sich von Fragen nach Selbstverständlichkeit leiten, etwa: „Warum glauben wir etwas?“ Noriko Yamamoto beweist ein gutes Gespür für Unsicherheiten und vorschnelle Wahrheiten und Behauptungen. So sieht man zum Beispiel einen Stapel roter Bücher, der scheinbar willkürlich auf einem Podest abgelegt wurde. Die Kunst daran ist das, was man nicht sieht aber von dem man weiß, dass es da ist: In kurzen Filmen und auf Skizzen wird gezeigt, wie die Künstlerin in akribischer Kleinarbeit auf jeder einzelnen Buchseite einen Kreis ausgeschnitten hat, so dass sich, wenn die Bücher richtig auf einander liegen, im inneren eine fast perfekte Kugel befindet. Sie kreiert eine erfüllte Leere, die nur in ihrer Geschlossenheit und Verschlossenheit existiert, und bringt einen zu der Erkenntnis, dass man längst nicht alles sehen kann (und vielleicht auch nicht will), was wirklich ist.
Trügerische Sicherheit
Auch Unsicherheit und Zerbrechlichkeit spielen in vielen Werken eine Rolle. Für die Mitarbeiter der Galerie stellt das eine große Herausforderung dar, denn bei manchen Installationen genügt ein stärkerer Windhauch und sie fallen zusammen. Dies hat Noriko Yamamoto ganz bewusst gemacht und ist Teil ihrer Kunst. Sie stellt zum Beispiel die Frage, wieso sich die Menschen auf der Welt oft bedingungslos sicher fühlen („Mir passiert schon nichts“), obwohl viele Fakten dagegen sprechen, dass das Leben überhaupt sicher ist.
„Anweisungen an die Welt“ ist definitiv keine Ausstellung zum schnellen „Durchhuschen“. Sie erfordert, Ruhe, Konzentration und Zeit. Wer sich einmal in die Gedanken hinter den Kunstwerken hineinversetzt hat, den werden diese nicht mehr loslassen. So zumindest erging es der Schreiberin dieses Textes.