Mehr als nur Bücher – die Delmenhorster Stadtbücherei
Nur Langweiler gehen heutzutage in die Bibliothek? Nun ja, wenn dem so ist, sind sie jedenfalls in guter und vielfältiger Gesellschaft. Denn in der Stadtbücherei Delmenhorst trifft man Menschen unterschiedlichsten Alters und verschiedenster Herkunft. Von der Mutter mit Kind bis hin zum Rentner sind alle vertreten. Okay, bis auf einen speziellen Teil der Delmenhorster Bevölkerung …
Bodo der Bücherwurm blickt nach wie vor auf „sein Reich“. Seit dem großen Brand 2008 in der Kaufpark-Passage, nach dem die Stadtbücherei umziehen musste, hat er einiges von seiner ursprünglichen Länge eingebüßt. Trotzdem hängt noch immer zumindest sein Kopf an der Wand der „neuen“ Bibliothek an der Langen Straße. Und ist damit beinahe schon so etwas wie ein Markenzeichen der Bibliothek, ebenso wie ein Symbol für eine der Aufgaben, die sich die Bibliotheksverantwortlichen gestellt haben. „Wir haben es uns zum Ziel gesetzt, ganz intensiv Lesefrühförderung für Kinder bis etwa zwölf Jahre zu betreiben“, berichtet Günther Wetzig, Leiter der Stadtbücherei. Der Grund dafür leuchtet ein. Bis zur dann einsetzenden Pubertät können, tatsächliches Interesse vonseiten der Kinder vorausgesetzt, die Grundlagen dafür geschaffen werden, dass Kinder das Hobby „Lesen“ auch annehmen. „Danach haben sie sowieso andere Sachen im Kopf“, betont der Bibliothekar mit einem milden Lächeln.
Lesestart lockt Kinder an
Dementsprechend wird einiges dafür getan, dass die Kids sich mit ihrem potenziellen neuen Hobby auch wohlfühlen. Für Kinder ab 18 Monaten werden nach Vorlage des landesweiten Projekts „Lesestart“ zusätzlich zum Vorlesen Fingerspiele veranstaltet. Die etwas größeren lauschen zum Beispiel dem sogenannten Bilderbuchkino, bei dem ihnen eine Geschichte erzählt wird, während gleichzeitig Bilder der Geschichte von einem Overhead-Projektor an die Wand geworfen werden. Oder sie werden selbst aktiv und ziehen sich dabei in Spiel- oder Lese-Ecken zurück. Der Aufwand lohnt sich für die Bibliotheksverantwortlichen. Mittlerweile sind von 4.500 bis 5.000 registrierten aktiven Bibliotheksnutzern etwa 1.500 unter zwölf Jahren. Die Zahl der Registrierungen mag dabei bei etwa 74.000 Einwohnern insgesamt (Stand Ende 2012) relativ gering sein. Sie gibt aber laut Wetzig nicht das tatsächliche Bild wieder. „Viele unserer Büchereikarten werden von mehreren Personen gleichzeitig benutzt, wenn beispielsweise die Mutter eine Karte hat, leihen die Kinder und auch der Ehemann über diese oftmals mit aus“, macht er deutlich. „Ich würde also eher sagen, dass statistisch gesehen jeder Delmenhorster mindestens einmal im Jahr bei uns war.“ Dabei hat sich das Bild der reinen Leihbücherei in den letzten Jahren allgemein arg gewandelt. Was natürlich auch auf die Stadtbücherei zutrifft. Zwar sind, so berichtet Wetzig, unter den in der Bibliothek potenziell vorrätigen rund 76.000 Medien nach wie vor rund 60.000 Bücher. „Darüber hinaus halten wir aber auch knapp 2.500 Hörbücher, 5.000 Musik-CDs aus allen Bereichen, Spielfilme und Sachthemen auf DVD und CD sowie Konsolenspiele vor“, erläutert der Bibliotheksleiter.
Krimis sind schnell vergriffen
Die Vorlieben sind dabei bei den Erwachsenen eindeutig: „Krimis sind sehr beliebt und dementsprechend schnell vergriffen“, erzählt er. Dabei bemühe man sich vor allem bei den Büchern stets um Aktualität. „Wir arbeiten eng mit dem örtlichen Buchhandel zusammen. Wenn beispielsweise ein Spiegelbestseller auf der Bibliotheksliste erscheint, versuchen wir, ihn bereits mittags zu bekommen, damit er spätestens abends ausgeliehen werden kann.“ Aber auch wenn ein gewünschtes Medium nicht vorrätig sein sollte, ist das in Zeiten des Internets kein Beinbruch mehr. „Durch den Anschluss an das bundesweite Bibliothekennetz haben wir Zugang zu einem noch weit größeren Pool an Medien aller Art – einmal wurden uns so sogar ganze Kisten mit Abstammungsunterlagen zugeschickt, die ein Gast sich bestellt hatte“, berichtet Wetzig. Ein Angebot, das auch immer stärker von Schülern und Studenten für ihre Fach- und Hausarbeiten genutzt werde. Eine weitere Zielschwerpunktgruppe kommt darüber hinaus im Zuge des demografischen Wandels auf die Bibliothek zu. So wird zurzeit ein sogenannter „Interessenskreis Seniorenarbeit“ aufgebaut, dessen Medienangebot sich speziell mit der Betreuung von Senioren beschäftigt. Außerdem bestücken die Bibliotheksverantwortlichen verstärkt das Programm „55Plus“, das Medien beinhaltet, die Menschen interessieren könnten, die sich gerade im Übergang vom Berufsleben in den Ruhestand befinden. „Das geht von Internettipps für ältere Menschen bis hin zu Ratgebern, was man beim Sport in dem Alter beachten sollte“, so der Bibliotheksleiter. Die Leser dürften Bodo also nicht allzu schnell ausgehen.