Eine schwierige Entscheidung
POLITISCHE ABSTIMMUNG ÜBER DAS JUTE-CENTER
Kurz bevor im Verwaltungsausschuss über die anstehende Jute-Center-Erweiterung beraten wurde, trafen sich die Spitzen der Lokalpolitik auf Einladung von Deldorado-Verleger Carsten Borgmeier zum Gespräch über das Thema. Die Gesprächsrunde zeigte vor allem eins: Bei einem Projekt dieser Größenordnung ist es für Lokalpolitiker äußerst schwierig, die richtige Entscheidung zu treffen.
In Delmenhorst, so hat es den Anschein, tut man sich schwer mit schwierigen Entscheidungen. Das Thema Einkaufszentrum wurde 2010 so lange diskutiert und den Investoren Vorgaben gemacht, bis letztlich kein interessierter Investor mehr übrig blieb. Auch die Jute-Center-Erweiterung ist ein dickes Brett für die Entscheidungsträger, hier gibt es zwei klar trennbare Meinungen: Die eine Seite argumentiert, das erweiterte Center bringe Leben in die Innenstadt. Darum sei es wichtig, es zu realisieren. Wie es mit Hertie und der kränkelnden Innenstadt weitergehe, könne ohnehin niemand vorhersagen. Die Gegner argumentieren: Wenn das Jute-Center erweitert werde, würden die Geschäfte in der Langen Straße sterben und die City verwaisen. Durch den Verkauf der Hertie-Immobilie und nicht vom Jute-Center müsse der nötige Impuls für den Innenstadtbereich kommen.
Nur schwarz und weiß?
Doch gibt es in dieser Frage tatsächlich nur schwarz und weiß? Fragen, die sich die Lokalpolitiker ebenfalls stellen mussten, waren: Was passiert etwa, wenn die Center-Erweiterung floppt? Bekommt Delmenhorst dann mittelfristig eine weitere Ruine à la Kaufpark oder Hertie? Und auf der anderen Seite: Was geschieht, wenn das Center nicht erweitert wird und in den nächsten Jahren bei Hertie kein Leben einzieht? Droht dann nicht ein noch weiteres Ausbluten der Innenstadt? Das Gespräch der Fraktionsvorsitzenden, die sich zwischen der Ausschusssitzung und der Ratssitzung am 26. Juni noch einmal im Hause Borgmeier Media mit dem Thema befassten, zeigte das Dilemma.
Gutachten können verwirren
Auch Gutachten, die Hilfestellungen leisten sollen, können mitunter mehr für Verwirrung sorgen als Klarheit bringen. So sagte etwa Andreas Voigt vom Jute-Projektentwickler Saller-Gruppe, dass ein Einzelhandelskonzept wie das von Junker und Kruse aus dem Jahr 2008 bereits nach vier Jahren nicht mehr aktuell sei. Auch wenn die Meinungen bis zum Ende des Abends gegensätzlich blieben, so wurde doch klar, dass der Graben zwischen beiden Seiten nicht unüberbrückbar ist. So sagte etwa Marlis Düßmann, eine der Erweiterungskritikerinnen aus der Runde, an Andreas Voigt gewandt: „Wir möchten Sie nicht gehen lassen. Wir möchten mit ihnen an der Seite die Innenstadt weiterentwickeln.“ Und es zeigte auch noch einmal deutlich, was auch Andrea Meyer-Garbe (SPD) in die Diskussion einbrachte: dass die Lokalpolitiker eine hohe Verantwortung haben. Sie müssen die Rahmenbedingungen für städtebauliche Entwicklungen der kommenden Jahre vorgeben. Ob die gefällte Entscheidung richtig sein wird, werden letztlich erst die kommenden Jahre zeigen.
Teilnehmer der Diskussionsrunde:
– Andrea Meyer-Garbe, SPD
– Geerjet Boom, SPD
– Marlis Düßmann (Grüne)
– Marianne Huismann (Grüne)
– Murat Kalmis (FDP)
– Claus Hübscher (FDP)
– Thomas Heisig (FDP)
– Volker Wohnig (die Linke)
– Andreas Neugebauer (Piraten)
– Florian Beyer (Piraten)
– Werner Lindemann (Freie Wähler/Bürgerforum)
– Andreas Voigt (Saller Gruppe)
– Carsten Borgemeier (Borgmeier Media Gruppe)
Keinen Teilnehmer entsandten:
CDU, UAD, Innenstadtkaufleute