„Ein nationales Problem“
SCHWIERIGE FINANZLAGE DES KRANKENHAUSES
Dem Delmenhorster Krankenhaus geht es finanziell schlecht. Doch das Klinikum ist bei Weitem nicht der einzige Patient in der anscheinend unterfinanzierten deutschen Krankenhauslandschaft. Vor Kurzem haben Bundespolitiker beim Krankenhausgipfel in Berlin den Kliniken schnelle Hilfe versprochen. Doch was heißt das für Delmenhorst? Und: Reicht das aus?
Um die Finanzen des städtischen Krankenhauses steht es nicht zum Besten. Zwar sagte der Aufsichtsratsvorsitzende des Klinikums Gerjet Boom kürzlich, dass er in diesem Jahr mit einer „schwarzen Null“ für das Haus rechne. Doch der Knackpunkt ist ein anderer. Inzwischen ist die Eigenkapitalquote des Krankenhauses so stark reduziert, dass es Spitz auf Knopf steht. Sogar so stark, so heißt es, dass eine größere unvorhergesehene Neuanschaffung die Finanzen des Hauses ins Wanken bringen könnten.
Hilfe dank Krankenhausgipfel?
Das Delmenhorster Krankenhaus steht mit seinen Finanzsorgen aber bei Weitem nicht allein da. Ganz in der Nähe, in Löningen und Emstek, tobt bereits ein zäher Streit um den Erhalt der dortigen, kirchlich betriebenen Krankenhäuser. In Berlin kamen kürzlich bei einem Krankenhausgipfel zur Notlage der Kliniken in Deutschland rund 1.000 Krankenhausgeschäftsführer und Führungskräfte zusammen, um der Bundespolitik die Misere ihrer Häuser klarzumachen. Auch der Delmenhorster Klinikchef Dr. Peter Stremmel war dabei, teilt Klinikum-Pressesprecherin Mandy Lange mit. An dem Gipfel nahmen die gesundheitspolitischen Sprecher der Fraktionen teil, die bekannteren untern ihnen sind Jens Spahn von der CDU sowie der aus Talkshows bekannte SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach. Beim Gipfel hat die Politik den Krankenhäusern Hilfen in Aussicht gestellt. Und das sogar möglichst kurzfristig, noch in diesem Halbjahr. Wahrscheinlich will im Jahr der Bundestagswahl niemand riskieren, dass eine schlecht finanzierte Krankenhausversorgung für Verdruss beim Wahlvolk sorgt. Und diese Befürchtung könnte berechtigt sein. Denn subjektiv scheint die Unzufriedenheit der Patienten zuzunehmen. In der Deldorado-Redaktion jedenfalls steigt in letzter Zeit die Zahl der Anrufe von Patienten, die sich über eine schlechte medizinische Krankenhausversorgung beschweren. Die sich wiederholenden Vorwürfe richten sich nicht allein gegen das Klinikum. Der immer wiederkehrende Tenor: Trotz Notfall wurden Patienten von einem Krankenhaus wegen Überlastung abgewiesen und zum nächsten, zum Teil sogar zum übernächsten geschickt. Darüber hinaus werden lange Wartezeiten in der Notaufnahme und überlastetes Personal bemängelt. Selbst Privatpatienten, die bisher als die VIPs unter den Patienten galten, lernen plötzlich längere Wartezeiten und Schwierigkeiten kennen. Und ein Insider, der die Krankenhauslandschaft gut kennt, rechnet damit, dass es noch schlimmer werden wird – nicht nur in Delmenhorst.
Krankenkassen sollen unterstützen
Gerjet Boom, Vorsitzender des Aufsichtsrats des städtischen Klinikums, sagt, das Problem sei die Krankenhausfinanzierung. Die Krankenkassen säßen auf Gewinnen, während die Krankenhäuser nicht wüssten, wie sie die laufenden Kosten decken sollten. „Die Krankenkassen müssen Geld zur Verfügung stellen“, so Boom. Die Klinikfinanzierung habe nicht mit der Kostenentwicklung mitgehalten. Daher fordert er, dass es Verhandlungen mit den Kassen, die für den laufenden Betrieb der Häuser aufkommen, geben müsse.
„Problem von nationaler Tragweite“
Der Präsident der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) Alfred Dänzer sieht sogar Probleme für ganz Deutschland heraufziehen: „Die Lage der Krankenhäuser spitzt sich zunehmend zu einem Problem von nationaler Tragweite zu. Die Kliniken können flächendeckend nicht mehr den Kostenanstieg und die Tariflohnsteigerungen aus den gesetzlich gedeckelten Versorgungspreisen bezahlen.“ Daher tritt er entschieden für finanzielle Hilfe für die Kliniken noch in der ersten Jahreshälfte 2013 ein. Derweil beobachte die Führung des Delmenhorster Klinikums die Lage sehr genau, sagt Mandy Lange. Doch solange nichts Konkretes an Unterstützungsmaßnahmen erkennbar sei, nehme das Haus auch keine Stellung dazu. Doch vielleicht könnten auch die Spitzen der Städten und Gemeinden stärker versuchen, Einfluss zu nehmen, um ihre kommunalen Krankenhäuser finanziell zu entlasten. Wer nur im Klein-Klein nach Einsparungen im städtischen Haushalt sucht, wird dieses grundlegende Problem nicht in den Griff bekommen. Und hoffentlich kommt es bald zu einer Lösung, sonst müssen sich Erkrankte und Unfallopfer künftig womöglich auf harte Zeiten einstellen.