Der graue Klotz und die großen Pläne
ES WAR EINMAL…
… die Hoffnung auf etwas Neues, auf die Rettung des Ex-Hertie-Gebäudes der Stadt. Doch die Investorengruppe um Uwe Pias hat ihr Vorhaben einer Einkaufsmeile in der Innenstadt beendet. Zeit für einen Überblick in Sachen Hertie-Gebäude, über dessen Zukunft wieder ein großes Fragezeichen prangt.
April 2010
Der ehemals führende Warenhauskonzern Deutschlands ist pleite. Ende Juli 2008 meldete Hertie Insolvenz an. In Delmenhorst wurde 2010 endgültig abgeschlossen. Der Stadtrat entscheidet nun: Es soll schnell wieder Leben in das leere Kaufhaus. Oberbürgermeister Patrick de la Lanne ist überzeugt: Es wird „auf jeden Fall“ ein Einkaufscenter gebaut. Bereits Ende des Jahres soll über einen Investor entschieden werden. Schließlich wird beim Nachbar Oldenburg auch gerade kräftig an den Schlosshöfen gewerkelt – da heißt es am Ball bleiben.
August 2012
Entschieden wurde noch nichts. Aber es gibt einen Interessenten: Steuerberater Uwe Pias prescht nach vorn in die Öffentlichkeit. Er möchte Hertie zusammen mit sechs Delmenhorster Investoren kaufen und eine Einkaufsmall bauen. Den Kontakt zum Insolvenzverwalter Maarten von Ingen sucht er über die Delmenhorster Zeitung. Denn die Zuständigkeiten sind verzwickt: Das Delmenhorster Gebäude ist Eigentum der „Hidd Delmenhorst b. v.“, einer niederländischen Tochtergesellschaft des britischen Finanzinvestors Dawnay Day. Auch die Verkäuferseite gibt juristische Hürden zu bedenken. So erklärt Sebastian Mogos-Lindemann, Beauftragter von CR Investment Management Berlin: „Bei diesem Objekt sind wir durch die Insolvenz der holländischen Eigentümergesellschaft mit einer außergewöhnlichen Rechtslage konfrontiert“. Es gibt also noch einiges zu klären.
Oktober 2012
Seit Monaten rührt Uwe Pias nun die Werbetrommel für sein Vorhaben. Sämtliche Medien berichten über die freudige Kunde, dass der Schandfleck der Innenstadt bald der Vergangenheit angehören soll. Die Bürger atmen auf – endlich geht es vorwärts. Laut Pias soll es bereits am Monatsende Fortschritte zu verkünden geben.
Derweil treibt die Stadtverwaltung eine Zwangsversteigerung des Gebäudes voran, die am 5. März 2013 stattfinden soll.
Februar 2013
Zum ersten Mal betritt Uwe Pias das Hertie-Gebäude. Ein Angebot beim Käufer sei mittlerweile abgegeben worden. Auf einer Pressekonferenz stellt das Gesicht der immer noch anonymen Investorengruppe die Baupläne des beauftragten Architekten vor. Anfang April soll es mit dem Bau losgehen, damit am 15. November 2013 eröffnet werden kann. Das Geld dafür hätten die Investoren bereits verbal zugesagt. „Schon innerhalb der nächsten Woche wird der Notarvertrag unterschrieben“, verkündet Pias.
März 2013
Kein Vertrag. Keine Investorennamen. Kein Kauf. Immer mehr Stimmen rund um Hertie fordern konkrete Fakten. Auch die Politik wird ungeduldig. So betont Pirat Andreas Neugebauer: „Will die Gruppe um Herrn Pias nicht sämtliche Glaubwürdigkeit verspielen, wäre es an der Zeit, Farbe zu bekennen und Namen sowie belastbare Fakten zu nennen“. Der Vertrauensvorschuss sei bald aufgebraucht.
Während das Stadtmarketing wenigstens versucht, den Anblick des grauen Klotzes mit Plakaten zu verschönern, setzt auch Murat Kalmis von der FDP eindeutige Signale. Er fordert für den Planungsausschuss am 10. April eine „klare Ansage“ der Verwaltung, wie und wann die Wiederbelebung der Hertie-Immobilie in Angriff genommen werden soll. Schließlich gebe es da noch die Saller-Gruppe, die mit einem fertigen Plan für eine Jute-Center-Erweiterung und mindestens 20 Millionen Euro auf der Wartebank säße.
9. April 2013
Uwe Pias reagiert und verkündet den aktuellen Stand des Projektes. Sein angepriesenes P.D.-Prinzip, „Positives Denken für Delmenhorst“, bekommt dabei einen schalen Nachgeschmack. Zwar stehe die Finanzierung und der Erwerb der Immobilie könne als sicher bezeichnet werden, doch es bestehe dennoch die Möglichkeit, dass das Projekt nicht durchgeführt werden könne. Damit verschiebt sich das Projekt laut Murat Kalmis für die FDP endgültig auf den „Sankt-Nimmerleins-Tag“.
19. April 2013
Zehn Tage später verkündet Uwe Pias das Aus anhand von zwei Pressemitteilungen. Die erste aus wird Versehen abgeschickt, die zweite ist eine überarbeitete Version: Die aktuell herrschenden Rahmenbedingungen seien anscheinend ungeeignet, sodass die Investorengruppe ihre Planungen nicht weiter verfolge. Erteilte Vorgaben und der Zeitrahmen wären nicht einzuhalten gewesen. Ob die Investoren es erneut versuchen, bleibt offen.
Die Reaktionen in der Stadt sind sehr emotional. Wütende Bürger wettern auf der Facebookseite des Deldorados über das gescheiterte Projekt. Sogar die Existenz einer Investorengruppe wird angezweifelt: „Hat es die überhaupt wirklich gegeben? Oder haben jene Verschwörungstheoretiker recht, die eine Hinhaltetaktik zugunsten des Jute-Centers vermuten?“ Uwe Pias dagegen erklärt: „Ich bin der Enttäuschteste!“ Die Bürger sind sauer, denn trotz allem steht Hertie leer, immer noch. Mal sehen, ob eine Fortsetzung folgt.