„Auch in der Opposition kann man etwas bewirken!“
LANDTAGSWAHLSIEGERIN ANNETTE SCHWARZ IM INTERVIEW
Nach der Landtagswahl vom 20. Januar steht fest: Annette Schwarz (CDU) wird auch in dieser Legislaturperiode im Niedersächsischen Landtag sitzen und dort für die Interessen Delmenhorsts eintreten. Das Deldorado traf sie zum Interview.
Frau Schwarz, Sie hatten in Delmenhorst die Nase vorn und bleiben im Landtag. Allerdings sitzen sie auf der Oppositionsbank. Was überwiegt momentan bei Ihnen, Freude oder Enttäuschung?
Man kann es von zwei Seiten sehen. Einerseits kenne ich die Oppositionsseite ja bereits aus der Zeit meines Eintritts in den Landtag im Jahre 1998. Es ist definitiv ein anderes und schwierigeres Arbeiten, aber man kann durchaus auch in der Opposition etwas für den Wahlkreis bewirken. Aus den umliegenden Wahlkreisen von Delmenhorst werden jeweils mehrere Abgeordnete die Interessen nach Hannover tragen. Für Delmenhorst liegt die Aufgabe bei mir alleine, da die anderen Parteien ihre Kandidaten nicht über die Landesliste hinreichend abgesichert haben. Andererseits freue ich mich schon sehr über das Direktmandat. Nach der Niederlage im Jahr 2008 gegen Swantje Hartmann habe ich diesmal die Bestätigung und das Vertrauen von den Wählern erhalten. Das finde ich klasse. Auch meine Unterstützer, die mir während des Wahlkampfs zur Seite standen, freuen sich darüber.
Wie groß schätzen Sie in diesem Zusammenhang Ihre Möglichkeiten ein, von Hannover aus etwas für Delmenhorst zu bewirken?
Delmenhorst ist bislang immer gut bedient worden, wenn etwas nötig war. EU-Mittel und Landesmittel wurden immer bewilligt, doch man muss auch konkret sagen, was man damit bewirken will und nicht nur laut rufen: „Wir brauchen die Kohle für egal was …“ So kann man nicht agieren. Ich hoffe, dass in Delmenhorst weiterhin das ankommt, was nötig und sinnvoll ist.
In verschiedenen Punkten hat die rot/grüne Landesregierung andere Vorstellungen als Ihre Partei (CDU), etwa beim Thema Schulbildung. Rechnen Sie damit, dass das Verfahren einer zweiten IGS, das vom Land zuletzt gestoppt wurde, in Delmenhorst wieder ins Rollen kommt?
Komplett gestoppt wurde das Verfahren nicht, es gab jedoch den deutlichen Hinweis aus Hannover, dass die Schülerzahlen für eine zweite IGS bei Weitem nicht ausreichen. Demgegenüber hat die Vorstellung, die bestehende IGS an ihrem Standort zu erweitern, einen gewissen Charme. Dies ist jedoch nicht einfach zu realisieren. Da müssen hier vor Ort die Hausaufgaben schon sehr gut gemacht werden. Das heißt, ehrlich mit den umliegenden Schulen umzugehen und auch zu überlegen, ob eine andere Alternative, zum Beispiel mit den räumlichen Kapazitäten des Willms-Gymnasiums, nicht sinnvoller wäre. Ich bin jedoch zuversichtlich, dass der Beschluss des Verwaltungsausschusses von vergangener Woche, demzufolge sich die Haupt- und Realschule Süd zu einer Oberschule entwickeln soll, auch im Rat am 14. Februar bestätigt wird. Ich setze darauf, dass die anderen Fraktionen ihre Zusagen einhalten werden. Diese Verlässlichkeit brauchen Eltern, Schüler und Lehrer.
Gegen ihren Mitbewerber Björn Gottschalk hatten sie bei der Wahl die Nase vorn, ihre Partei musste sich hingegen der SPD geschlagen geben. Wie erklären Sie sich das?
Ein Teil der Stimmen ist ganz klar durch die Zweitstimmen-Kampagne an die FDP gegangen. Viele CDU-Wähler wollten auf Nummer sicher gehen und haben ihre Zweitstimme der FDP gegeben, damit sie nicht aus dem Landtag fliegt. Einen Teil der Stimmen haben wir sicherlich auch an die Grünen verloren, insbesondere weil deren Kandidatin viel an einem guten Zweitstimmen-Ergebnis gelegen war.
Was bedeutet das Wahlergebnis für Ihre politische Arbeit hier in Delmenhorst?
Die Politiker hier können gut zwischen Kommunal-, Landes- und Bundespolitik unterscheiden und unter den Fraktionen gibt es vielfache Gesprächsmöglichkeiten. Wenn etwas positiv für Delmenhorst zu gestalten ist, sind wir aus den Reihen der CDU offen dafür!
Kritiker haben Ihnen in der Vergangenheit vorgeworfen, Sie würden den Bürgern zu wenig von Ihrer Arbeit vermitteln. Wollen Sie diesbezüglich in der kommenden Legislaturperiode etwas ändern?
Ich bin nicht die charismatische Politikerin, die große Reden hält, sondern eher sachlich und konstruktiv aufgestellt. Dies schafft langfristig offenbar in der Bevölkerung Vertrauen und Glaubwürdigkeit. Ich bin auch nicht die, die überall herumhampelt und sagt: „Hauptsache ich bin auf einem Foto.“ In meiner Öffentlichkeitsarbeit hat es in den letzten anderthalb Jahren, seit ich wieder im Landtag bin, eine Veränderung gegeben hat. Durch eine personelle Aufstockung in meinem Büro ließen sich die Internet-Präsenz und vor allem die Pressearbeit ausbauen. Man konnte mich sogar von einem Auftritt bei Facebook überzeugen. Wichtig ist es mir, nicht nur Informationen zu liefern, sondern auch Position zu beziehen.
Wissen Sie schon, in welchem Bereich Sie in Hannover tätig sein werden?
Dazu kann man erst etwas sagen, wenn die Koalitionsverhandlungen abgeschlossen sind. Es hängt davon ab, wie die beabsichtigte rot-grüne Koalition die Ministerien zuschneidet.
Was sind für sie die wichtigsten Baustellen, bei denen sie politisch aktiv werden wollen?
Das Thema der Verkehrsplanung ist mir sehr wichtig, besonders in Bezug auf die B212neu und die B213 (Ost- und Westtangente). Hier muss man jedoch gemeindeübergreifend arbeiten. Dann wünsche ich mir, dass sich die Schulen vor Ort wie gewünscht entwickeln können und das Ruhe an den Schulen einzieht. Die wollen endlich ihre eigentliche Arbeit machen können. Bildung ist ein hohes Gut und eine wichtige Ressource, die für die Delmenhorster Zukunft eine wichtige Rolle einnehmen wird. Als weiteres wichtiges Thema sehe ich die Situation der Krankenhäuser, nicht nur in Delmenhorst, sondern im gesamten Niedersachsen.