Wie eigenständig soll es sein?
STADTMARKETING BEKOMMT EINE NEUE LEITUNG
Für das Delmenhorster Stadtmarketing steht eine Veränderung in der Führungsebene an. Der bisherige Leiter des Fachdienstes Wirtschaftsförderung, Axel Langnau, wird als neuer Leiter des Fachbereichs Wirtschaft der Stadt auch Vorgesetzter von Anke Hinrichs und Kollegen. Stellt sich allerdings die Frage, wie weit tatsächlich der Einfluss der Wirtschaftsförderung auf diesen Bereich gehen sollte.
Einmal im Jahr verwandeln sich die Delmenhorster Graftwiesen in ein mittelalterliches Dorf. Jongleure und Musikanten unterhalten das Volk, Bogenschützen zeigen ihre Kunst und lassen auch den Interessierten einmal an die Sehnen. Mit edlen Kräuterschnäpsen und Knoblauchbrot wird unter anderem für das leibliche Wohl der Gäste gesorgt. Wenn Graf Gerd mit seinem Gefolge auftritt, werden die Delmenhorster gut unterhalten. Unter anderem wird das Ganze auch vom Delmenhorster Stadtmarketing organisiert, das mit der Durchführung von Events wie diesem oder dem Kartoffelfest natürlich neben der „Bespaßung“ der Einheimischen noch ein weiteres Ziel verfolgt: Das Image von Delmenhorst auch außerhalb der Stadtgrenzen zu verbessern.
Langnau eine gute Wahl
Inwieweit dies in den vergangenen Jahren gelungen ist, sei einmal dahingestellt. Der Streit um die Erfolgsmessung des Stadtmarketings hat ja sogar vor der langjährigen Leiterin Birgit Lohstroh nicht haltgemacht. Jedenfalls scheint die Suche nach einem neuen Leiter für die Behörde nun abgeschlossen. Axel Langnau, zuvor bereits Leiter des Fachdienstes Wirtschaftsförderung der Stadt, soll nun als Leiter des Fachbereichs Wirtschaft auch die Geschicke des Stadtmarketings lenken. Eine gute Wahl, findet unter anderem auch der Sprecher der Delmenhorster Kaufmannschaft, Christian Wüstner: „Die Wirtschaftsförderung ist bereits innerhalb und außerhalb der Stadt sehr gut vernetzt, davon kann auch das Stadtmarketing profitieren.“ Allerdings weiß bislang noch niemand so genau, wie die angedachte Zusammenarbeit nun konkret aussehen soll. Langnau selbst spricht dabei von drei möglichen Varianten: Einerseits ist es denkbar, dass das Stadtmarketing als eigenständige Gesellschaft unter dem Dach des Fachbereichs Wirtschaft weitergeführt wird. Allerdings steht auch die Möglichkeit einer Verschmelzung im Raum, entweder, indem die Aufgaben der Wirtschaftsförderung durch einen Bereich „Stadtmarketing“ ergänzt werden, oder, indem beide Bereiche zu einer gemeinsamen Gesellschaft verschmelzen. Welche Alternative es nun konkret werden wird, steht noch nicht fest. Denn dies, so macht Langnau deutlich, sei vor allem eine politische Entscheidung. Dabei sieht er in der Fusion der beiden Bereiche durchaus Vorteile. „Durch die zielgerichtete Zusammenlegung der beiden Aufgabenbereiche Wirtschaftsförderung und Stadtmarketing können Synergieeffekte erreicht, Doppelangebote vermieden und die knappen Finanz- und Personalressourcen optimiert eingesetzt werden“, erklärt er.
Eigenständigkeit muss erhalten bleiben
Insbesondere die zu erwartenden Synergieeffekte, also die Nutzung von Vorteilen eines Bereichs für den anderen, können aber durchaus auch zu Problemen führen – insbesondere in der zweiten Variante, mit Abstrichen auch in der dritten. Denn unter solchen Voraussetzungen ein von den Interessen der Wirtschaftsförderung unabhängiges Stadtmarketing zu gewährleisten, ist zumindest herausfordernd. „Das Stadtmarketing als GmbH kann jetzt schon einigermaßen losgelöst von den Strukturen der Stadtverwaltung agieren. Diese Unabhängigkeit ist ganz wichtig für die Kreativität sowie für ein schnelles und unkompliziertes Handeln“, mahnt dementsprechend Alfred Breitenbücher, Sprecher der Bürgerideenbörse, an. Darüber hinaus ist Breitenbücher aber auch gegen eine „Inflation von Tochtergesellschaften“, wie er sie in der ersten Alternative befürchtet. „Wenn eindeutig klar ist, dass das Stadtmarketing weiterhin unabhängig agiert, kann ich mir eine Verschmelzung beider Bereiche in einer GmbH durchaus vorstellen“, betont er. „Bei dem dann zu erwartenden Gespann Axel Langnau und Anke Hinrichs kann ich mir auch gut vorstellen, dass dies klappt – beide haben in der Vergangenheit bewiesen, dass sie es können!“
Stadtmarketing steht vor großen Aufgaben
Die Kreativität und die Unabhängigkeit des Stadtmarketings sind allein schon deswegen von Vorteil, weil es kreative Lösungen braucht, um den Standort Delmenhorst für „frisches Blut“ interessant zu machen – potenzielle Fachkräfte für die einheimischen Unternehmen, wie auch Christian Wüstner betont. „Ein Wirtschaftsstandort ist nur dann lebenswert, wenn es dort auch Kultur und Events gibt“, zeigt er sich überzeugt. Das beste Beispiel für diese Problematik sei da der Osten Deutschlands: „Dort gibt es Top-Firmen, die teilweise Top-Gehälter zahlen, trotzdem haben sie Probleme, neue Leute zu finden, weil schlicht das ‚Drumherum‘ fehlt.“ Ein „Drumherum“, das nach Ansicht von Alfred Breitenbücher trotz knapper personeller Ausstattung weiter ausgebaut werden sollte. „Hier können zum Beispiel die bei der Bürgerideenbörse eingegangenen Ideen helfen“, bringt er seine Organisation ins Spiel. Insbesondere wünscht er sich dabei mehr Angebote für junge Menschen. „Für weitere Kooperationen ist meines Erachtens jedoch die Kommunikation mit potenziellen Kooperationspartnern wie dem neuen Bürgerbeirat für die Markthalle wichtig“, zeigt er sich überzeugt. „Überhaupt hoffen viele Bürger auf eine Belebung durch Veranstaltungen in der Markthalle.“ Viel zu tun also.