Mehr Leben in der City?
KREATIVE LEERSTANDSLÖSUNGEN
Delmenhorsts Innenstadt wird immer leerer. Das ist aber kein typisches Delmenhorst-Problem. Wie gehen andere Städte mit den leer stehenden Immobilien um? Das Deldorado hat sich mal umgeschaut und ein paar kreative Lösungen gefunden.
„Die Ladenleerstände sind ein Thema. Und die Menschen sind selbst schuld, sie nutzen die Innenstädte einfach nicht mehr, weil es zu viele Wege für sie sind. Hinzu kommt das Internetangebot!“ Das sagt Daniel Schnier von der ZZZ- ZwischenZeitZentrale über Bremen. Klingt nach Delmenhorst? Hier ist das Problem stadtbekannt. Wo früher hübsche Läden waren, herrscht nun gähnende Leere. Klar, dass auch immer weniger Leute bummeln gehen. Die viel zitierte „Knochenstruktur“ der Innenstadt ist abgenagt. Sicher ist: Hier muss etwas geschehen! Verzweifelt bemühen sich die Stadt und auch die Einzelhändler, die City wieder zu beleben, denn in vielen Gewerbeimmobilien ist schon seit einigen Monaten oder sogar Jahren nicht mehr viel passiert.. Aber das ist anscheinend kein Alleinstellungsmerkmal von Delmenhorst: Zahlreiche andere Städten und Gemeinden haben dieses Problem ebenfalls.
Inspiration von außen
Wie gehen also andere Städte mit Leerständen um? Vielleicht muss man die ganze Sache ein wenig anders handeln? Wenn man mal ein wenig über den Delmenhorster Tellerrand schaut, kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass anderswo ein wenig kreativer mit Leerständen umgegangen wird. Im friesländischen Varel gab es beispielsweise auch bis vor Kurzem eine Ihr-Platz-Filiale, die wegen der Schlecker-Pleite schließen musste. Diese steht jedoch nicht dauerhaft leer, denn zu besonderen Anlässen verwandeln einige ideenreiche Organisatoren den Laden in eine Partymeile. Pro Event kommen mindestens 2.000 Leute.
Und auch Delmenhorsts großer Bruder Bremen hat mit Leerstandsproblemen zu kämpfen. Aus diesem Grund rief die Stadt Bremen ein Projekt ins Leben, dass genau dieses Problem angeht: die oben bereits erwähnte ZZZ-ZwischenZeitZentrale Bremen. Sie vermittelt Zwischenmieter, meist Jungunternehmer, die sich eine Standardmiete nicht leisten können oder wollen, an leer stehende Gebäude – und das recht erfolgreich. „Die Mieter können ein Jahr umsonst oder für nur ein wenig Miete die Gebäude nutzen, der Besitzer hat den Vorteil, dass das Gebäude währenddessen nicht verfällt und wieder hergerichtet wird“, erzählt Daniel Schnier. Die neuen Mieter sind vor allem Kunstateliers und -galerien, Bars oder junge Designer, aber auch andere Menschen, die ihre Ideen ausprobieren möchten. Nach einem Jahr checken Mieter und Besitzer, wie der Stand der Dinge ist. Oft habe der Mieter sich mit seinem Konzept etabliert und sei dann in der Lage, eine höhere Miete zu zahlen, informiert Schniers. So kann eine Stadt auch zu neuen Mietern kommen. „Allerdings ist es am Anfang recht schwierig, private Eigentümer davon zu überzeugen, dass sie ihr Gebäude für umsonst zur Verfügung stellen. Aber wir werden immer erfolgreicher!“ Ob das Projekt wohl auch in Delmenhorst funktionieren würde? „Das kann keiner von außerhalb schaffen. Das muss ein Delmenhorster sein, der bereit ist, Herzblut in das Projekt zu stecken“, so Schnier. Und diese Idee ist der Delmenhorster Stadtverwaltung nicht fremd. „Mit dem Thema Ladenleerstand-Zwischennutzung beschäftigte sich die Stadt bereits in den Jahren 2004 bis 2005 im Rahmen eines Leitbildprojekts. Erfahrungen von damals waren, dass diese sehr arbeitsintensive Tätigkeit nicht im Verhältnis zu den erzielten Ergebnissen stand“, informiert Stadtpressesprecher Timo Frers. Das Problem dabei ist wie so oft das liebe Geld. „Das Projekt in Bremen wird durch Bundesmittel intensiv gefördert und wurde an ein externes Büro vergeben. Wenn Delmenhorst derart solvent wäre, könnte die Stadt auch ein Ladenleerstands-Management einrichten“, so Frers weiter. Dennoch ist die Idee noch aktuell und wurde im diesem Jahr im Positionspapier des runden Tisches „Einzelhandel“ zum verbesserten City-Management aufgegriffen. Vielleicht bewegt sich da ja doch noch etwas.
Künstlerort Delmenhorst?
Auch Einzelpersonen können dazu beitragen, das Erscheinungsbild der Innenstadt zu verbessern. Da gibt es zum Beispiel Jens Waldheim. Er ist Künstler und stellt seine Kunst in leer stehenden Läden aus. Momentan sucht er „Galerien“ auch in Delmenhorst. „So hat jeder etwas davon“, findet er. „Ich habe eine Plattform für meine Bilder und die beleben natürlich auch das leer stehende Gebäude.“ Die privaten Immobilienbesitzer fänden seine Vorschläge meist sehr gut, erzählt er, das Verhältnis beschreibt er als unkompliziert.
Es gibt also recht viele Möglichkeiten, wie man zumindest erste Schritte einleiten könnte, damit die Innenstadt nicht mehr so trist wirkt. Vielleicht hilft auch eine davon Delmenhorst.
Welche Geschäfte könnten denn Leerstand in Delmenhorst füllen? Einige – nicht ganz ernst gemeinte – Vorschläge.
1. Moderner Kuhstall: Die Delmenhorster Kinder haben es eigentlich nicht schlecht getroffen und sind ruck, zuck auf dem Land. Um ihnen das Landleben aber auch in der Stadt näherzubringen, könnten einige Bauern ihre Kühe im Winter doch in leer stehende Geschäfte stellen. Das hat für die Kleinen sicher einen hohen Unterhaltungswert.
2. Handyfilialen-Finder: Es gibt in der Innenstadt unglaublich viele Handyläden, wer findet sich da noch zurecht? Abhilfe schafft der Handyfilialen-Finder. Hier kann der Delmenhorster in einem Beratungsgespräch angeben, was genau er will, was es für Probleme gibt und was er zahlen möchte. Der Berater schlägt dann drei Ladenalternativen vor – das Gleiche gibt es übrigens auch für Friseure.
3. Das Aquarium: Irgendwo muss das abgepumpte Wasser aus der Graft ja hin. Trinken soll es schließlich keiner. Also warum damit nicht das alte Hertie-Gebäude befüllen und als übergroßes Planschbecken benutzen oder darin Koi-Karpfen aussetzen? Auf die Frage, wie lange sie in dem verkeimten Wasser überleben, könnte man sogar Wetten abschließen.